Die Schweizer Basistunnels durch den Gotthard und den Monte Ceneri werden in einigen Jahren in Betrieb gehen. Entlang der Achse Genua-Rotterdam sind jedoch noch viele Fragen offen. Werden diese nicht gelöst, wird sich das Potenzial der neuen Alpentransversale nicht entfalten können – mit negativen Folgen für halb Europa. Mehrere Schweizer Institutionen wirkten deshalb im von der Professur für Raumentwicklung iniziierten Interreg-Projekt CODE24 mit. Dessen Massnahmenvorschläge wurden am 12./13. September an der ETH Zürich präsentiert. Zentral sind eine bessere grenzüberschreitende Koordination und eine Stärkung der Raumplanung. Zudem braucht die Schweiz dringend ein Logistikkonzept.
Mit der Fertigstellung von Alptransit wird zwischen Rotterdam und Genua eine Hochleistungsachse für den europäischen Nord-Süd-Bahnverkehr entstehen. Nach wie vor bestehen auf dieser Achse, die mehrere der stärksten Wirtschaftsräume des Kontinents miteinander verbindet, jedoch gravierende Lücken und Engpässe im Norden wie im Süden der neuen Basistunnel. Diese limitieren die Leistungsfähigkeit der Bahn, vor allem aber auch die Entwicklungsmöglichkeiten der Räume entlang der Strecke. Unterschiedliche Interessen zur Nutzung des Raumes verzögern die Entwicklung von Bahninfrastruktur und Siedlungen, werden nicht Mittel und Wege gefunden, diese Nutzungsansprüche grenzüberschreitend und gemeinsam zu koordinieren. Dieser Aufgabe hat sich CODE24 gestellt.
Primat der Raumplanung: Drei zentrale Postulate von CODE24
Veranstaltungen und Workshops mit über 300 Beteiligten haben gezeigt, dass die Regionen entlang der Achse viele Probleme teilen. Ebenso wurde klar, dass die Handlungen einer Region direkte Auswirkungen auf die benachbarten Regionen entlang des Korridors haben. Somit muss die Suche nach Lösungen gemeinsam angegangen werden. Die gemeinsamen Probleme (zum Beispiel die Notwendigkeit des Schutzes vor Immissionen insbesondere durch den Güterverkehr) und die Angst vor Verdrängung bzw. beschränkter Ausbaumöglichkeit des Regionalverkehrs, lässt dringenden Handlungsbedarf bezüglich der Rahmenbedingungen der Planung von Infrastrukturbauten und deren Integration in regionale Entwicklungsstrategien erkennen. Daraus leitet das Projekt CODE24 drei Postulate ab:
- Integriert planen: Die Fragestellungen des Korridors haben Einfluss auf die räumlichen Entwicklung der betroffenen Regionen. Lösungen müssen mit den Beteiligten aller Disziplinen getroffen werden. Nur wenn alle Fragen auf dem Tisch sind, können dauerhafte Lösungen gefunden werden. Code24 bietet eine Partnerschaft, die alle wesentlichen Interessen entlang des Korridors vertritt.
- Betroffene frühzeitig einbeziehen: Die Kompetenzen der verschiedenen disziplinären Zuständigkeiten für Raum- und Infrastrukturentwicklung sind auf verschiedenen Verwaltungsstellen und Staatsebenen angesiedelt. Der Kreis der Betroffenen hat nur noch wenig mit den administrativen Zuständigkeiten gemein. Daher soll gemeinsam geplant und gebaut werden, was auch in der Folge gemeinsam betrieben werden wird.
- Eine gemeinsame Plattform schaffen: Für eine Lösung der wichtigen Koordinationsaufgaben sind der Aufgabe angemessen die entscheidenden AkteurInnen frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Dazu ist auch die entsprechende Organisationen vorzusehen, die eine regelmässige Einbindung der Betroffenen erlaubt. Dazu bietet der Europäische Verband der Territorialen Zusammenarbeit (EVTZ) CODE24 eine Lösung.
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Planung frühzeitig in Angriff nehmen
Dass dies nicht nur theoretische Betrachtungen sind, zeigen einige Themen, die die Politik aktuell beschäftigen. Die Diskussionen um die Bauarbeiten im Gebiet Zugersee-Ost und am Axen, die nach der Eröffnung des Basistunnels einen Teil des Fahrzeitgewinns wieder auffressen werden, sind Beispiele dafür, dass die Prioritäten noch nicht klar gesetzt sind. CODE24 schlägt deshalb klare Prioritäten des Ausbaus vor. Vor einer Erhöhung der Kapazität ist an die Sicherung des Bestandes zu denken, und vor der Erhöhung der Geschwindigkeit muss an der besseren Integration der Infrastrukturen in die Landschaft gearbeitet werden.
Logistikkonzept für die Schweiz dringend notwendig
Viele Fragen verbleiben auch im Bereich der Logistik zu klären. So ist entlang des gesamten Korridors noch unklar, wie die Logistik rationeller gestaltet werden könnte und welche Infrastrukturen dazu notwendig sind. Aktuelle Beispiele dazu liefern die Diskussionen in der Schweiz zum Gateway Limmattal und zum Hafen Basel Nord.
Bekannt ist, dass zwischen Basel und dem Mittelland oder zwischen dem Tessin und der Lombardei grosse Kapazitätsengpässe bestehen. Dass zur Lösung dieser Engpässe aber ganz unterschiedliche Strategien verfolgt werden, zeigt etwa die Diskussion um die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke. Die ETH Zürich hat deshalb Planungsmethoden entwickelt, um mit den involvierten AkteurInnen und Betroffenen zusammen die Entwicklung von Siedlung, Landschaft und Infrastruktur voranzutreiben.
Felix Günther, ETH Zürich, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung
Zusätzliche Unterlagen und Dokumente bei CODE24, Amt für Raumentwicklung, Gotthard-Komitee