Die moderne elektrische Energieversorgung und ihre Infrastrukturen sind kein statisches System, Veränderungen sind die Normalität. Die Professur für Raumentwicklung des Instituts für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) setzt sich seit zwei Jahren im Rahmen eines vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Forschungsprojektes mit den Handlungserfordernissen einer integrierten Raum- und Infrastrukturplanung vor dem Hintergrund der derzeitigen Veränderungsprozesse auseinander.
Bereits in den 1970er / 80er Jahren hatte sich das damalige Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung (ORL) intensiv mit Veränderungen im Energiewesen und deren räumlichen Konsequenzen auseinander gesetzt. 30 Jahre später hat dieses Thema infolge veränderter Rahmenbedingungen, neuer Technologien der Stromerzeugung, Fragen des Klimawandels und der Risikobewertung der Kernenergie erneut an Aktualität gewonnen.
Das Ziel, nuklear- und fossilbasierte durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen und der grenzüberschreitende Stromhandel erfordern den Aus- und Umbau der Versorgungsinfrastrukturen. Ausserdem bedürfen in die Jahre gekommene Infrastrukturen des Übertragungs- und Verteilnetzes der Erneuerung. Die grosszügige Ausweitung von Bauzonen, die Verschärfung der Auflagen bezüglich nichtionisierender Strahlungen sowie ein strengerer Schutz von Natur, Landschaft und Kulturdenkmälern schränken den Spielraum für die erforderlichen Veränderungen in der Infrastrukturentwicklung ein. Dies hat verstärkte Nutzungskonflikte um Flächen zur Folge und erfordert eine Raumplanung, die ihren Koordinationsauftrag gerade im dichtbesiedelten Lebensraum Schweiz aktiv wahrnimmt. Gespräche haben gezeigt, dass eine aktivere Raumplanung auch von AkteurInnen der Infrastrukturentwicklung gewünscht wird.
Das Forschungsprojekt «Handlungserfordernisse einer integrierten Raum- und Infrastrukturentwicklung (2012 – 2015). Eine Untersuchung vor dem Hintergrund der Veränderungen in der Stromversorgung und der beabsichtigten Energiewende» geht von der Hypothese aus, dass die angesprochenen Aufgaben nur durch eine pro-aktive Raumplanung und eine integrierte Planung erreicht werden können. Grundlage hierfür ist jedoch, dass sich das Energiewesen seiner Raumwirksamkeit bewusst ist und sich im Gegenzug die räumliche Planung mit den Konsequenzen ihres Handelns auf das Energiewesen auseinandersetzt, betroffene Räume und Zeitfenster für abgestimmte Planungen frühzeitig erkennt und geeignete Verfahren an der Hand hat, um integriert planen zu können.
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich daher mit den Wechselwirkungen von Raumplanung und Stromversorgung. Hierfür werden mit der Hilfe von Übersichten zu Planungen und Projekten der Energiewirtschaft aber auch anderer raumbedeutsamer Vorhaben, wie den Ausbauten der Schieneninfrastruktur, Räume in der Schweiz identifiziert, die besonderer planerischer Abstimmungen bedürfen. Dies soll es ermöglichen, Synergien zu nutzen und Konflikte frühzeitig aufdecken und lösen zu können. In Gesprächen mit AkteurInnen der Raum- und Infrastrukturplanung werden diese Räume präzisiert. Als weiteres Element des Forschungsprojektes werden die existierenden und die im Rahmen der «Energiestrategie 2050» und der in der Vernehmlassung befindlichen «Strategie Stromnetze» geplanten Verfahren untersucht. Sie werden insbesondere auf ihre Schwachstellen hinsichtlich integrierten Planens und Handelns sowie Beteiligung und Transparenz geprüft. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Raumplanung zu befähigen, ihren Koordinationsauftrag aktiv wahrnehmen und ihre Spielräume in der künftigen Planung erkennen zu können.
Silke Rendigs ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Raumentwicklung der Professur Bernd Scholl, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL), ETH Zürich. Die Leitung des SNF-Projekts (100013_143385) liegt bei Prof. Dr. Bernd Scholl.