Wie nehmen wir unseren Lebensraum wahr? Wie erleben wir die Atmosphäre eines Ortes, wo fühlen wir uns sicher, wo fühlen wir uns gut? Diese Fragen werden umso wichtiger, je mehr Menschen in städtischen Gebieten leben. Ziel von Streetwise ist es, das Wissen und die Betroffenheit der Bevölkerung für Entscheidungen von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft systematisch nutzbar zu machen.
Für die Realisierung ist Ihre Teilnahme an der Umfrage und deren Streuung entscheidend. Nehmen Sie jetzt an der Umfrage teil, sie dauert nur fünf Minuten.
Es gibt keine neutralen Räume: Entweder sie helfen oder sie schaden uns. So klar bringt die Architekturkritikerin und Autorin Sara Williams Goldhagen auf den Punkt, welche Bedeutung räumliche Qualitäten für unser Zusammenleben haben. Zudem belegt Kevin Lynch in seinem epochalen Buch «The Image of the City», dass es kollektive Bilder der Stadt gibt, dass ein öffentliches oder allgemeines «Bild» von Orten besteht, und dass wir dieses erfassen können. Allerdings war Lynch’s empirische Basis wenig belastbar. Dies hat auch mit den damals verfügbaren Methoden zu tun. Heute stehen uns mächtigere Instrumente und Strategien zur Verfügung.
Die Crowd und maschinelles Lernen
Während es sehr schwierig ist, «Behaglichkeit» oder «Sicherheit» im Raum allgemein und abstrakt zu definieren, fällt es Menschen sehr leicht, eine bestimmte und konkrete Situation mit Blick auf ihre Aufenthaltsqualität oder ihr Sicherheitsgefühl zu beurteilen, oder jeweils zwei Situationen zu beurteilen. Das Projekt «Streetwise» im Metropolitanraum Zürich verwendet neue Ansätze, die den genannten Umstand nutzen. Es untersucht die alltägliche Bewertung von Orten durch die Bevölkerung und macht diese sichtbar. Streetwise misst die menschliche Wahrnehmung von räumlichen Situationen und verwendet hierfür die Methode des Crowdsourcing: Einer grossen Zahl von Personen werden Bildpaare des öffentlichen Raumes online angezeigt. Das Crowdsourcing startet mit der Dimension «Sicherheit», später kommen Fragen zu Atmosphäre, Aufenthaltsqualität oder Einzigartigkeit dazu.
Die Ergebnisse der Datenerhebung müssen klassifiziert und strukturiert werden, damit sie analytische Relevanz erlangen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, nutzen wir Machine Learning Methoden. Durch Anklicken eines Bildes geben die Teilnehmenden jeweils eine Bewertung ab, womit ein Algorithmus trainiert wird. Durch eine sehr grosse Anzahl von Klicks lernt das System, Bilder selbstständig zu bewerten. So können schliesslich beliebige räumliche Situationen automatisch bewertet werden. Letztlich entsteht so die erste Karte der räumlichen Qualität in der Schweiz.
Mit Streetwise erhalten Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft Entscheidungsunterstützung in zentralen Bereichen. Streetwise zeigt auf, wie räumliche Wahrnehmung systematisiert, objektiviert und lösungsorientiert eingesetzt werden kann. Die Generationenaufgabe der Siedlungsentwicklung nach Innen wird sich sich an der Sicherung und Entwicklung von räumlichen Qualitäten entscheiden. Streetwise unterstütze Planer und Entwicklerinnen darin, die zentrale Variable der Innenentwicklung, nämlich die Wahrnehmung von Qualität, systematisch in Strategien und Taktiken der Raumentwicklung einzubinden.
Unsere Crowdsourcing-Umfrage startet am 11. Mai 2020
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Joris Van Wezemael ist Executive in Residence am Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) und Ko-Leiter der Spatial Transformation Laboratories (STL). Er beschäftigt sich mit urbanen Transformationen, im Besonderen mit neuen Entscheidungs- und Steuerungsmodi in der Raumentwicklung und deren technologischer und politischer Umsetzung.