Verkehrsinfrastruktur ist einer Vielzahl von Gefahren ausgesetzt und ihre Verfügbarkeit dadurch sowohl kurz-, mittel- und langfristig gefährdet. Naturgefahren, aber auch Unfälle oder Terrorismus können dazu führen, dass Teile der Verkehrsinfrastruktur für längere Zeit nicht verfügbar sind. Bis anhin wurden aus solchen Gefahren entstehende Risiken einzeln betrachtet und gegebenenfalls durch Schutzmassnahmen eingedämmt. Ein flächendeckendes Risikomanagement würde hingegen eine koordinierte und somit ressourceneffiziente Eindämmung solcher Gefahren ermöglichen. Gerade in der Schweiz ist dies von grosser praktischer Relevanz.
Ereignisse wie der Brand und die anschliessende Schliessung des Gotthardstrassentunnels oder das Alpenhochwasser 2005, das die Gemeinde Engelberg für zwei Wochen von der Umwelt abschnitt und die danach während mehreren Monaten nur über eine provisorische Notstrasse erreichbar war, zeigen auf, wie verletzlich die Verkehrsinfrastruktur gegenüber plötzlich eintretenden Ereignissen ist. Bislang wurden Gefahren für die Verkehrsinfrastruktur ortsspezifisch analysiert und gegebenenfalls Massnahmen zur Risikoreduktion getroffen. Bei der ökonomischen Abwägung standen dabei die direkten Kosten im Vordergrund. Indirekte Kosten, die zum Beispiel durch Verkehrsumleitungen, Versorgungsengpässe industrieller Güter oder Wegbleiben von Gästen im Tourismus entstehen, wurden dabei nicht berücksichtigt.
Die standardisierte Abschätzung der direkten Kosten umfasst die Häufigkeit von verschiedenen Schadensereignissen und deren unmittelbare Auswirkung auf die jeweiligen Verkehrsinfrastrukturobjekte. Dazu werden flächendeckende Naturgefahrenkarten, Modelle der Widerstandsfähigkeit verschiedener typischer Bauelemente und der Bestand der Verkehrsinfrastrukturbauten zu einem Risikomodell kombiniert. Ausgehend vom NFP54-Projekt entwickelte Birdsall (2008) für seine Dissertation an der EPFL eine Methodik, wie solche Daten zu einem standardisierten Modell für die Abschätzung direkter Kosten zusammengeführt werden können.
Bei der Abschätzung der indirekten Kosten ist die Festlegung der Systemgrenzen und des Detaillierungsgrads der Analyse von zentraler Bedeutung. Diese Abwägung muss vor dem Hintergrund des zu erwartenden Schadensausmasses getroffen werden. Mit Ausnahme extremer Ereignisse führen die meisten Verkehrsinfrastrukturausfälle zu Umfahrungen und somit zu längeren Wegen. Allenfalls weichen Betroffene auf alternative Verkehrsmittel aus. In einer auf demselben NFP54-Projekt basierenden Dissertation hat Erath (2011) derartige indirekte Streckenausfallkosten für das gesamte Schweizer Strassennetz berechnet. Die Hauptschwierigkeit hierbei war die dazu benötigte Rechenleistung. Mit einem adaptiven Ansatz, der die jeweilige Netztopologie und Nachfragetypologie berücksichtigt, gelingt es, solche Kosten in angemessener Rechenzeit zu berechnen.
Bisher unberücksichtigt bleiben die Risiken, die von gleichzeitigen und mehrere Strecken betreffenden Ereignissen ausgeht. Beispiele hierfür sind Lawinenabgänge, die nach starken Schneefällen innerhalb einer bestimmten Region auftreten können, oder die Zerstörung mehrerer Brücken infolge Hochwassers.
Ansprechpartner: Alexander Erath
Bibliographie
Birdsall, James (2008): The responsive approach: An integrated socially sustainable technically-optimal decision model. Dissertation, EPFL.
Erath, Alexander (forth.): Vulnerability assessment of road transport infrastructure. Dissertation, ETH Zürich.
Erath, Alexander; Birdsall, James; Axhausen, Kay W.; Hajdin, Rade (2009): Vulnerability assessment of the Swiss road network. Transportation Research Record 2137.S.118-126. Mehr