Ein Text zum Jubiläum von Prof. em. Martin Lendi
Vom 1. bis 3. Oktober 1942 fand an der ETH Zürich – unter dem Vorsitz von Präsident Prof. Dr. Arthur Rohn – eine grosse Tagung zur Landesplanung statt. 33 Referenten, davon 19 ETH-Professoren, widmeten sich mitten während des Krieges der Frage, wie die Schweiz ihren eigenen Lebensraum pflegen und nutzen soll. Vorausgegangen waren seit ca. 1910 zahlreiche Bestrebungen ideeller, sachlicher und politischer Vereinigungen, die «Landesplanung» als Herausforderung zu verstehen und anzupacken.
Der Anlass zeigte über das Tagesaktuelle hinaus Wirkungen. Im Jahre 1943, am 26. März, wurde die Schweizerische Vereinigung für Landesplanung (VLP) mit Sitz in Zürich gegründet. Zeitlich parallel konstituierte die ETH Zürich im Rahmen des damaligen Geographischen Instituts eine Forschungsstelle für Landesplanung. Als erster Präsident der VLP wurde Armin Meili, Architekt und kurz vorher Direktor der Landesausstellung von 1939 in Zürich, gewählt. Die Verantwortung für die Landesplanung als wissenschaftliche Disziplin übernahm Prof. Heinrich Gutersohn, Ordinarius für Geographie, unterstützt vom späteren Prof.Dr.Ernst Winkler – ein Humangeograph mit Zuneigung zur Orts-, Regional- und Landesplanung. Er leitete die Forschung und unterrichte «Landesplanung», gerichtet an alle Studierenden der ETH Zürich. Prof. Gutersohn präsidierte auch die Expertenkommission für Fragen der Landesplanung, deren Bericht 1967 erschien.
Aus der Forschungsstelle entstand 1961 das Institut für Ort- Regional- und Landesplanung (ORL-Institut). Dieses öffnete sich innert kurzer Zeit der Interdisziplinarität und zwar in Lehre und Forschung. Im Vordergrund standen Landesplanerische Leitbilder, Methodik und Theorien der Raumplanung, das Planungsrecht, die politische Planung sowie die Ausbildung in Raumplanung auf der Stufe eines Nachdiplomstudiums. Alles begleitet von einer regen allgemeinen und wissenschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit, durch die Zeitschrift disP, eine Schriftenreihe sowie durch Berichte, Studienunterlagen und griffbereite Daten (Vademecum, später geographische Informationssysteme). Mit der Auflösung des ORL-Instituts im Jahre 2002 zugunsten des Netzwerk Stadt und Landschaft (NSL) weiteten sich die Aufgaben und vergrösserte sich die Zahl der be- teiligten Institute und Professuren.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die ETH Zürich geholfen, die sachlichen und personellen Voraussetzungen der Raumplanung als öffentliche Aufgabe und als Wissenschaft zu stärken.
Martin Lendi ist Prof. Dr. iur. Dr. h.c., Rechtsanwalt, em. o. Professor für Rechtswissenschaft, ETH Zürich (von 1969 bis 1987 Mitglied der Leitung des ORL-Instituts, ab 1987 bis Ende 1998 selbständige Professur für Rechtswissenschaft). Dieser Text ist erschienen in der disP 210 · 53.3 (3/2017) 93.
Zur Geschichte der Raumplanung
- Lendi M. (2017): Geschichte und Perspektiven der schweizerischen Raumplanung. Zürich (im Erscheinen).
- Lendi M. (2016): Erlebte Raumplanungsgeschichte. disP, 52 (3), S. 82 ff.
- Lendi M. (2006): Zur Geschichte der Raumplanung in der Schweiz. disP, 167 ( =4/2006), S. 66 ff. Koll-Schretzenmayr Martina (2008): gelungen–misslungen? Die Geschichte der Raumplanung Schweiz. Zürich: NZZ Libro.
- Winkler, E.; Winkler, G.; Lendi M. (1979): Dokumente zur Geschichte der schweizerischen Raumplanung, Zürich.
Die VLP wird ihr Jubiläum (gegründet am 26. März 1943) im Rahmen ihres «Jahreskongress» am 29. Juni 2018 in Solothurn feiern. An der ETH fand 2015 eine Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen des Nachdiplomstudiums in Raumplanung statt.