Auf der Basis empirischer Untersuchungen in der Metropolitanregion Zürich wurde eine Auswahl relevanter Eigenschaften für zeitgenössische urbane Konstellationen zusammengetragen. Das Urbane Profil integriert diese Aspekte und die ihnen zugrunde liegenden Indikatoren in ein praxisorientiertes Instrumentarium zur strategischen Förderung urbaner Qualitäten. Im Rahmen der laufenden Entwicklungsplanung für die Gemeinden Niederglatt, Oberglatt und Niederhasli wird das Instrumentarium derzeit einem Praxistest unterzogen.
Das Urbane Profil dient in diesem Kontext vorerst der Analyse und Typisierung urbaner Situationen. Dadurch sollen die Vergleichbarkeit verschiedener Orte und die Verständigung in städtebaulichen Planungs- und Entwurfsprozessen erleichtert sowie das Erkennen und Lokalisieren urbaner Defizite und Potentiale befördert werden. Unproduktive dialektische Begriffspaare wie zum Beispiel Stadt vs. Dorf oder Stadt vs. Land können somit umgangen werden und ein präziseres Verständnis der vielschichtigen urbanen Topografie an deren Stelle treten.
Indem mit dem Urbanen Profil die Abhängigkeiten zwischen beeinflussbaren städtebaulichen und sozialräumlichen Eigenschaften und dem Entstehen urbaner Qualitäten aufgezeigt werden, eignet es sich als prozessbegleitendes Werkzeug, welches methodisch die Schnittstelle zwischen städtebaulicher Analyse und städtebaulichem Entwurf besetzt. Es überführt die städtebauliche und sozialräumliche Betrachtungsebene in ein beurteilbares methodisches Raster mit hoher Flexibilität und kann sowohl analytisch im Sinne einer Diagnose als auch im Entwurf als Ausgangslage für eine Profilierung urbaner Situationen angewendet werden. Empirische Erkenntnisse und syntheseorientierte Entwurfsarbeit werden durch das Urbane Profil auf eine gemeinsame begriffliche Basis gestellt und damit nachvollziehbare Vergleiche zwischen bestehenden und projektierten Zuständen ermöglicht.
Das Urbane Profil stellt keinen Versuch dar, die allgemeingültige optimale urbane Qualität zu eruieren, sondern die Mannigfaltigkeit verschiedenster urbanen Situationen zu erkennen, zu vergleichen und zu ordnen, dabei von ähnlichen Konstellationen zu lernen, ihre inhärenten Abhängigkeiten, Potentiale und Defizite zu erkennen, zu versprachlichen und schliesslich urbane Situationen qualifizierter gestalten zu können. Ziel sind konkrete Strategien, Empfehlungen und Massnahmen zur Erreichung spezifischer Urbaner Qualitäten.
Seit drei Jahren besteht ein regelmässiger Austausch zwischen dem Projektteam und dem Amt für Raumentwicklung des Kanton Zürich zur Thematik der urbanen Entwicklung in der Metropolitanregion Zürich. Die laufende Entwicklungsstrategie Niederglatt – Oberglatt – Niederhasli bietet nach dem Abschluss des NFP 65 eine erste Gelegenheit, das Instrumentarium des Urbanen Profils in einem längerfristig angelegten konkreten Planungsprozess gemeinsam zu testen und zu vertiefen. Ziel ist, nebst quantitativen Herausforderungen (Wachstum, Verdichtung etc.) auch qualitative Ansätze zur Förderung urbaner Eigenschaften in den Fokus der Planung zu stellen.
Simon Kretz ist Oberassistent und Dozent am Lehrstuhl von Prof. Ir. Kees Christiaanse am Institut für Städtebau, ETH Zürich. Dort doktoriert er zum Thema Entwurfsforschung. Zudem ist er Partner bei Salewski & Kretz Architekten und bei Nater und Kretz Architekten, zwei Büros für Architektur, Städtebau und Planung in Zürich. Mehr
Lukas Küng ist Architekt und Oberassistent am Institut für Städtebau der ETH Zürich. Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP65 «Neue urbane Qualität» leitete er zwischen 2010 und 2014 ein interdisziplinäres Forschungsprojekt am Netzwerk Stadt und Landschaft (NSL). Er lebt und arbeitet in Zürich und ist zudem Partner von SLIK, einem Büro für Architektur und Städtebau.