Wir erforschen die Städte des Nahen Ostens zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Mit ihrem reichen architektonischen und urbanistischen Erbe haben die Städte an einem Wendepunkt des politischen Wandels und einer umfangreichen (Wieder-) Aufbautätigkeit mit Identitätsproblemen, Globalisierung und einer Neukonzeption des öffentlichen und privaten Raums zu kämpfen. Beirut und Damaskus sind bereits mehrere tausend Jahre alt und sie blicken auf lange Perioden unter diversen Reichen und Mächten zurück, die jeweils ihren eigenen physischen und kulturellen Einfluss auf das Stadtgefüge entfalteten.
Beide Städte, die bereits im Neolithikum bestanden, beherbergten unterschiedliche Kulturen von den Kanaanitern über die Phönizier, Römer, Mameluken bis hin zu den Ottomanen und Franzosen, die jeweils ihre eigenen Ideen dessen verwirklichten, wie eine Stadt aufgebaut sein soll und welche Art der urbanen Kultur sich darin ausdrückt. Auch während des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts führte die Immigration verschiedener Flüchtlingsgruppen wie etwa der Armenier, Palästinenser oder Iraker zur Entstehung neuer Stadtteile, die auf unterschiedlichen urbanen Modellen fussten. Zuletzt zeigt sich auch der Einfluss der Golfstaaten, die wiederum neue städtebauliche Konzepte mitbrachten. Das Projekt soll diese verschiedenen «Stadtkonzepte» herausarbeiten, kartieren und zeigen, wie sie im Laufe der Zeit Damaskus und Beirut geprägt haben und immer noch prägen. In Beirut und Damaskus lassen sich ein starkes Schisma zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten sowie eine Differenzierung der Einflussbereiche durch städtische Markierungen erkennen. Diese Metropolen sind nie vollständig offen oder geschlossen.
Das Erscheinungsbild von Städten wie Beirut, Teheran oder Damaskus wird massiv durch Medien, politische Interessen und Schlüsselereignisse der Vergangenheit beeinflusst. Während Beirut durchaus Bilder urbaner Kriegsführung und traumatischer Ereignisse von Massakern oder Morden, aber auch die turbulente Zeit als «Paris des Ostens» in den sechziger Jahren heraufbeschwört, werden Teheran und Damaskus vom Westen als Vertreter der «Achse des Bösen» oder «Unterschlupf von Terroristen», die hinter einem neuen Eisernen Vorhang gefangen bleiben, gesehen. Alle diese uns vermittelten Bilder sind Vereinfachungen und Klischees, die der Realität keineswegs entsprechen. Die tägliche Realität und die jahrtausendealte Geschichte urbaner Ansiedlungen überlagern diese ideologisch geprägten zeitgenössischen Bilder und verlangen nach einem anderen Ansatz. Lassen sich Städte wie Beirut oder Damaskus einfach als normale Städte betrachten? Wir wollen damit nicht die Unterschiede oder politischen Umstände leugnen. Im Gegenteil: Der gewählte Ansatz rund um die Frage, wie wir andere Städte überall auf der Welt erforschen können, fördert die Unterschiede noch deutlicher zutage.
Status
Abgeschlossenes Projekt