Prof. em Christophe Girot | Landschaftsarchitektur

Die akustischen Aspekte der Landschaftsgestaltung. Studien zur Wahrnehmung und Implementierung von Landschaftsakustik

Akustische Eindrücke haben einen signifikanten Einfluss darauf, wie Menschen ihre Umgebung erleben und beurteilen. Das Rascheln von Blättern, das Prasseln von Regen oder die Stimmen von Kindern, die vom Schulhof weglaufen, spielen eine wichtige Rolle bei der ästhetischen und räumlichen Erfahrung, was als «Landschaft» bezeichnet wird. In der heutigen Gestaltungspraxis werden akustische Aspekte jedoch nur berücksichtigt, wenn es sich um «Lärm» handelt. Diese defensive Einstellung gegenüber der akustischen Umgebung manifestiert sich in dementsprechenden «Kontrollmassnahmen», wie z.B. Lärmbarrieren. Ihr Effekt ist jedoch gleichermassen visueller wie akustischer Natur und offenbart einen einseitigen technischen Ansatz, der die akustische Umgebung als isoliertes Problem ansieht, mit anderen Worten, es besteht ein Missing Link zwischen Landschaft, Design und Akustik.

Lange bevor das erste Lärmschutzgesetz Mitte der 1990er Jahre in der Schweiz in Kraft trat, forderten Komponisten, Soziologen und Stadtentwickler in den USA, Kanada und Frankreich eine offene Haltung gegenüber der akustischen Umgebung und prägten den Begriff «Soundscape» für die Untersuchung und das Verstehen von Umgebungsgeräuschen in ihrer Gesamtheit und ihre emotionale Relevanz für den Menschen. Heute hat sich ein breites Forschungsfeld entwickelt, in dem das Soundcape-Konzept als Paradigmenwechsel im Umgang mit der akustischen Umgebung angesehen wird. Es besteht jedoch eine grosse Diskrepanz zwischen der theoretischen Untersuchung der Geräuschumgebung, die Geräusche und Töne ganz unvoreingenommen beschreibt, und der Realität baulicher Massnahmen. Diese Arbeit soll daher dazu beitragen, diese Lücke zu schliessen, indem sie die akustischen Eigenschaften mit den räumlichen Konzepten der architektonischen Landschaftsgestaltung vereint.

Diese Arbeit basiert auf einem dreigliedrigen Forschungsansatz, der die wechselseitigen Beziehungen zwischen akustisch/räumlichen Strukturen und der menschlichen Wahrnehmung aus der Perspektive der architektonischen Landschaftsgestaltung untersucht: zuerst theoretisch, dann analytisch und zuletzt aus gestalterischer Perspektive.

Im ersten Schritt werden Modelle der akustischen Wahrnehmung aus der Perspektive verschiedener Disziplinen in Bezug auf ihre Bedeutung für die architektonische Landschaftsgestaltung analysiert. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die relevanten Beziehungen zwischen Akustik und Musik – der ältesten Disziplin der Klangforschung der Menschheit – herauszuarbeiten. Diese Untersuchung bildet die Basis für die analytischen Methoden, die für die Fallstudien im zweiten Teil der Arbeit entwickelt werden: durch die Untersuchung und Präsentation von akustischen Funktionen anhand historischer und zeitgenössischer Beispiele soll das gestalterische Potenzial der akustischen Dimension im komplexen Kontext eines realen gestalteten Raums aufzeigen.

Die Kombination aus Erkenntnissen aus den ersten beiden Teilen der Arbeit liefert Informationen für die Entwicklung neuer Techniken für die ästhetischen und räumlichen Besonderheiten der akustischen Landschaftsgestaltung. Die Überprüfung und Validierung von Hypothesen auf der Grundlage ihrer materiellen Umsetzung in Prototypen, die eine sensorische Erfahrung ermöglichen, legen das Fundament für ihre Anwendung in der zukünftigen Praxis der Landschaftsgestaltung.

 

Kontakt

Nadine Schütz

Leitung

Prof. Christophe Girot

Finanzierung

Projektförderung durch ein Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds, SNF

Projektlaufzeit

2013 – 2018

Status

Abgeschlossene Forschungsarbeit (Dissertation)