Prof. Dr. Adrienne Grêt-Regamey | Planung von Landschaft und Urbanen Systemen
Entwicklung von Bodenindikatoren für eine nachhaltige Raumentwicklung
Einleitung
Der Erdboden ist neben Luft und Wasser eines der wichtigsten lebenserhaltenden Elemente für den Menschen: Er bietet zahlreiche Vorteile durch Ökosystem-Dienstleistungen, die von der Nahrungsmittelversorgung über die Regulierung des Oberflächenabflusses bis hin zur Arzneimittelforschung und -entwicklung reichen, und wurde über Jahrhunderte hinweg kultiviert. Als solches ist es eine Ressource, die weithin als sehr wertvoll anerkannt wird – traditionell durch Disziplinen, die eng mit dem Boden arbeiten, wie z.B. die Landwirtschaft, zunehmend aber auch durch den öffentlichen Diskurs. Dennoch wird der Boden in der Raumplanung oft als zweidimensionale Fläche marginalisiert, wobei die Bedeutung seiner dritten Dimension, der Qualität, vernachlässigt wird.
Motivation
Die Qualität des Bodens ist aufgrund seines Untergrundes und seiner unsichtbaren Natur ein kaum greifbares Merkmal. Obwohl es verschiedene Indikatoren für Bodenqualität gibt, schränken ihre Spezialisierung und Orientierung an Bodenexperten sowohl deren praktische Anwendbarkeit als auch ihre kommunikative Reichweite ein. Darüber hinaus ist das breite Spektrum an Vorteilen, das der Boden bietet, gleichzeitig seine grösste Stärke und seine grösste Schwäche: Die Vielzahl an Vorteilen macht den Boden zu einer so wertvollen Ressource, ist aber auch der Grund dafür, dass es keinen einzigen objektiven Indikator für die Bodenqualität gibt. Mit anderen Worten: Die umfassende Berücksichtigung des Bodens in der Raumplanung ist zwischen widersprüchlichen, subjektiven Nutzungspräferenzen verhaftet.
Ziel
Es werden zwei Bodenqualitätsindikatoren entwickelt. Der erste Indikator, ursprünglich BOKS (BOdenKonzept Stuttgart) genannt, adaptiert einen erprobten und erfolgreich angewandten Ansatz aus Deutschland auf Schweizer Verhältnisse. Er dient auch als Referenzindikator, um die Performance des zweiten Indikators zu bewerten. Der zweite Indikator namens SQUID (Soil QUality InDex) nutzt das Ökosystem-Konzept, um den Boden explizit mit den Vorteilen zu verknüpfen, die der Mensch daraus zieht. Ziel ist es, relevante Informationen über die Bodenqualität, die Zugänglichkeit von Informationen für Fachleute und Nicht-Fachleute sowie die Effektivität der Raumentwicklung mit der Fähigkeit des Indikators zu kombinieren, sich auf die „Bodennutzung” und nicht auf das „Bodenpotential” zu konzentrieren. Dies trägt zum übergeordneten Ziel bei, die kommunikative Reichweite der Bodenqualität zu erhöhen und erleichtert die Integration des Bodens in räumliche Entwicklungsprozesse, indem es die Diskussion unter den Stakeholdern über die verschiedenen Vorteile des Bodens und ihre jeweilige Bedeutung für ein bestimmtes Projekt fördert.
Ansatz
Beide Indikatoren basieren auf den Bodenfunktions-Rasterkarten von Agroscope. Alle Bodenfunktions-Raster haben eine Auflösung von 20x20m und werden aus Fernerkundungsdaten abgeleitet. Für den BOKS setzen wir auf den ursprünglichen Ansatz und vereinen Bodenfunktions-Raster, Schutzgebiete und schädliche menschliche Einflüsse zu einem einzigen Bodenqualitätsindex.
Die Erstellung des SQUID beruht auf zwei Schritten. Zunächst werden die Bodenfunktionen mit der Versorgung mit Ökosystem-Dienstleistungen aufgrund einer expertenbasierten Delphi-Befragung verknüpft und die bodenbasierte Versorgung mit Ökosystem-Dienstleistungen wird abgebildet. Um eine bestmögliche Anpassung an schweizerische Verhältnisse zu erreichen, stützt sich das SQUID auf die vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) herausgegebene Liste der national wichtigen Ökosystem-Dienstleistungen. Zweitens können letztere zu einem breiten Spektrum von entweder fokussierten Indizes (z.B. fokussiert auf Ökosystem-Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitaktivitäten oder im Zusammenhang mit der Nahrungsmittelversorgung usw.) oder zu einem einzigen, allgemeinen Bodenqualitätsindex summiert werden.
Erwartete Ergebnisse
In diesem Projekt werden zwei Bodenindikatoren entwickelt, die relevante Informationen für die Planung der nachhaltigen Nutzung des Bodens, seiner Funktionen und seiner Ökosystem-Dienstleistungen liefern können: BOKS und SQUID. Während beide Indikatoren auf die strategische Raumplanung abzielen, d.h. auf Richtlinienpläne, liefert der zweite, auf Ökosystem-Dienstleistungen basierende Indikator auch nützliche Informationen für die Raumplanung auf kommunaler Ebene, indem er Einblicke in das Angebot von und die Nachfrage nach Ökosystem-Dienstleistungen innerhalb kommunaler Grenzen bietet. SQUID ist insbesondere in der Lage, auf heisse und kalte Stellen der bodengebundenen Versorgung durch Ökosystem-Dienstleistungen hinzuweisen und kann verschiedene Themenschwerpunkte aufnehmen, um Bereiche mit potenziell widersprüchlichen Interessen zu identifizieren.
Beteiligte
Prof. Dr. A. Grêt-Regamey, Planning of Landscapes and Urban Systems PLUS, ETH Zürich
Thomas Drobnik, Planning of Landscapes and Urban Systems PLUS, ETH Zürich
Lukas Bühlmann, VLP-ASPAN
Thomas Hersche, suissemelio
Hansruedi Diggelmann, Diggelmann Planung
Finanzierung
Schweizer Nationalfonds SNF
Teil des Nationalen Forschungsprojekts NRP68 „Boden als Ressource”
Projektlaufzeit
Januar 2017 – Januar 2018
Status
Abgeschlossenes Projekt