Prof. em Christophe Girot | Landschaftsarchitektur
Flood Scapes. Zeitgemässe Strategien der Landschaftsgestaltung in Zeiten des Klimawandels
Mit dem Risiko von Überschwemmungen zu leben ist nach wie vor eine Realität in den meisten europäischen Städten, von den Alpentälern bis hin zu den Mündungsgebieten an den Küsten. Wie wir Katastrophen wahrnehmen und die Mittel um, uns zu schützen, haben sich jedoch radikal verändert. Überflutungen sind im Laufe der Jahrhunderte durch umfangreiche Landgewinnung und Kanalisierungen weniger wahrscheinlich geworden, aber wurden dadurch auch abstrakter und potenziell verheerender. Nach Jahrhunderten der Sintflutangst und blinder Technikgläubigkeit zeigen die aktuellen Adaptionsprojekte eine neue Perspektive auf, die Überflutungen wieder in die Wahrnehmung von Räumen und die territorialer Gestaltung einbezieht. Infolgedessen entwickelt sich die Wasserwirtschaft von einer für lange Zeit rein technischen Domäne zu einer breiteren territorialen Angelegenheit, die kulturelle, wirtschaftliche und ökologische Aspekte beinhaltet und die interdisziplinäre Antworten erfordert.
Ziel dieser Doktorarbeit ist es, diese aktuelle Entwicklung durch einen dreiteiligen Forschungsansatz zu dokumentieren und zu verstehen, der sich mit den drei zentralen Faktoren des Flood Scape Design beschäftigt:
Der historische und kulturelle Hintergrund, auf dem unser Verhältnis zu Überschwemmungsrisiken und der Wasserwirtschaft fusst
Von alten Adaptionssitten zu aktuellen horizontalen Strategien, von Sintflutlegenden zu Sorgen um den Klimawandel, von technischen Allmachtsphantasien der Hoffnung auf eine Wiederherstellung der Harmonie – die Geschichte der Überschwemmungen reflektiert die in ständigem Wandel befindliche Beziehung zur Natur und die Ungewissheit, die wiederum unsere Fähigkeit beeinflusst, auf die Herausforderungen durch Veränderungen der Umweltbedingungen zu agieren und zu reagieren.
Zeitgemässe Strategien auf die räumliche Adaption
Erweiterung von Flussläufen, «Renaturierung» oder kontrollierte Überflutung ersetzen bzw. ergänzen in zunehmendem Masse die traditionelle Eindämmungs-Infrastruktur. Dies eröffnet eine neue Perspektive, die Überflutungen in die Wahrnehmung von Räumen und die territorialer Gestaltung wieder einbezieht, aber auch neue Mythen entstehen lässt, die die Ethik von Landschaftsgestaltern auf die Probe stellt. Diese neuen Praktiken in der Gestaltung von überschwemmungsgefährdeten Landstrichen werden in fünf Schlüsselprojekten in der Schweiz, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden analysiert.
Flood Scapes Gestaltungs-Tools und Methoden
‘Entwerfen als Forschung’ folgt zwei früheren Entwurfsstudien, die an der ETH Zürich von Professor Christophe Girot und Frédéric Rossano an beiden Enden der Überschwemmungsproblematik durchgeführt wurden: entlang der Rhône in Sion (Schweiz) und im Rhein-Mass-Delta in Dordrecht (Niederlande). Die Werkzeuge und Methoden werden auf der Grundlage geografischer Analysen und zukünftiger Szenarien unter Einbeziehung Transformation von Landschaft, Städten und Flüssen an diesen beiden Orten entwickelt und werden ergänzt durch historisches Material, digitale Geländedaten und kombinierte Computer-Werkzeuge.
Die Untersuchung führt letztlich zu einer konzeptionellen Reflektion über die Haltung derzeitiger Gestalter zur Natur und den Überschwemmungsrisiko und entwickelt die erforderlichen Werkzeuge, Methoden und Konzepte für die strategischen Entscheidungen, die getroffen werden müssen, um durch die Schaffung flexibler und belastbarer Landschaften gleichermassen die Sicherheit wie auch die Attraktivität Schweizer und andere europäische Städte zu erhalten.
Erste Ergebnisse wurden von Frédéric Rossano in den Schweizer Bundesinstituten in Zürich und Lausanne und in der Ecole Nationale du Paysage, Marseille präsentiert; ein auf dieser Studie basierender Artikel wurde kürzlich im Journal of Landscape Architecture veröffentlicht: From absolute protection to controlled disaster: New perspectives on flood management in times of climate change (JoLA 2015/1).
Kontakt
Frédéric Rossano
Forschungsarbeit (Dissertation)
Leitung
Prof. Christophe Girot
Finanzierung
Projektförderung durch ein Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds, SNF
Projektlaufzeit
2012 – 2015
Status
Abgeschlossenes Projekt