Stehen wir vor einer bildhaften Visualisierung der Landschaft, betrachten wir Landschaft als Gegenüber. Bewegen wir uns hingegen durch den konkreten Raum der Landschaft, wie wir das alltäglich tun, fühlen wir uns vielmehr in der Landschaft, oder umgeben von ihr. Welche Aspekte beeinflussen diese Wahrnehmung von Landschaft? Und wie können wir diesen sinnlich erweiterten Wahrnehmungsraum im Bereich der Landschaftsarchitektur analysieren und darstellen?
Die gängigen Methoden der Landschaftsanalyse- und -darstellung sind beinahe ausschließlich visuell bestimmt. Die Wahrnehmung, innerhalb eines Landschaftsraums zu stehen, gründet jedoch nicht nur darin, dass wir unseren Kopf drehen und so kontinuierlich zusammenhängende Oberflächen sehen können, sondern vielmehr in dem komplexen Zusammenspiel verschiedener Sinnesebenen mit ihren unterschiedlichen räumlichen Eindrücken.
Das visuelle Wahrnehmungsfeld ist in der Regel durch seine horizontale und vertikale Begrenzung definiert. Was sich außerhalb dieses Feldes befindet, bleibt ‚unsichtbar’. Im Gegensatz dazu sind die Grenzen des ‚Hörfeldes’ weniger durch einen Wahrnehmungswinkel, sondern durch einen Lautstärke- und Frequenzbereich gegeben. Die auditive Wahrnehmung ist also eine 360-Grad-Erfahrung, und erweitert den wahrgenommenen Raum durch Bereiche, die wir nicht sehen können – etwa die rauschenden Bäume in unserem Rücken. Die stetige Veränderung der gehörten Klänge wiederum erzeugt in unserer Wahrnehmung den Eindruck von Bewegung, wodurch eine ‚innere Raumempfindung’ entsteht. Gleichzeitig können wir die Einschränkung des Gesichtsfeldes aktiv durch Körperbewegungen verändern, und dadurch das Bild zum Raum werden lassen. Der so entstehende Raumeindruck verbindet sich unmittelbar mit der Wahrnehmung unserer eigenen Bewegung, wodurch wir uns körperlich mit dem Landschaftsraum assoziieren.
Ein wichtiges Prinzip der Visualisierung komplexer Phänomene ist die Bestimmung der für die Wahrnehmung wesentlichen Merkmale. Dasselbe gilt auch für die sinnlich erweiterten Darstellungsmethoden von Landschaft. Die in diesem Artikel beschriebenen Wahrnehmungsaspekte sind nur einige, aber wesentliche, Mechanismen, die den Eindruck prägen «in der Landschaft zu sein».
Das MediaLab der Professur Girot untersucht die Kapazität von multimedialen Techniken, räumliche Konstellationen nicht nur visuell, sondern auch klanglich und kinästhetisch zu vermitteln. Dazu gehört seit 2011 die Etablierung eines neuen Schwerpunkts zum Klang der Landschaft in Forschung und Lehre. Im Herbstsemester 2013 wird erstmals ein Wahlfach durchgeführt, in dem Videoaufnahmen mit Pointcloud-Modellen aus 3D Scandaten kombiniert werden. Resultate dieser Experimente werden im Januar 2014 auf dem Videoblog der Professur abrufbar sein.